Edith Silbermann und Pierre-Dominique Ponnelle, Januar 2018 in Düsseldorf
Edith Silbermann, geborene Horowitz, der mein drittes Streichquartett gewidmet ist, habe ich oft in Düsseldorf besucht, und mir aus ihrem bewegten Leben erzählen lassen. 1921 in Czernowitz geboren, der Hauptstadt des ehemaligen K.u.K.-Kronlandes Bukowina, die nach dem 1. Weltkrieg rumänisch wurde, wuchs sie deutschsprachig auf. In der Nazi-Zeit überlebt sie Verfolgung und Ghetto. 1945 flieht sie aus ihrer mittlerweile von den Sowjets besetzten Geburtsstadt nach Bukarest. Als Schauspielerin entdeckt, wird sie dort am jiddischen IKUF-Theater zum Star, später geht sie ans jüdische Staatstheater. Außerdem ist sie Philologin, Übersetzerin, Autorin. Sie heiratet Jacob Silbermann, den sie noch aus Czernowitzer Tagen kennt, einen Rechtsanwalt, Schachlehrer und Universalgelehrten. Ihre Erzählungen und meine eigenen Erlebnisse als gastierender Musiker in Czernowitz inspirierten mich zu meiner Komposition. Bilder mit dem Kindheits- und Jugendfreund Paul Celan tauchen auf, wie er unter ihrem Fenster als Erkennung ein altes französisches Kinderlied pfiff. Sie bleibt ihm bis zu seinem Freitod 1970 freundschaftlich verbunden. Erinnerungsfetzen ziehen vorbei, und erzählen von einer außergewöhnlichen Frau, die ihre Heimat, die „Gegend, in der Menschen und Bücher lebten“ (Paul Celan) bis zu ihrem Tod 2008 nie vergessen hat.